Stellungnahme des Justiziars Hans-Jürgen Werner (Bonn)

Ich wende mich heute als Justiziar des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik e. V. an Sie/euch. Der Berufsverband für Tanzpädagogik e. V. ist Mitglied des Rats für darstellende Kunst, einem der Fachausschüsse des Deutschen Kulturrates. Diesem Fachausschuss gehören auch folgende Fachverbände des Deutschen Musikrats an:

  • Bundesverband der Freien Musikschulen
  • Deutscher Tonkünstlerverband
  • Landesmusikrat NRW
  • Freie Ensembles und Orchester Deutschland
  • Ver.di
  • Verband deutscher Musikschulen
  • Bundesverband Deutscher Gesangspädagogen
  • Deutsche Jazzunion
  • Gesellschaft für Neue Musik

Von daher sind den Akteuren im Musikbereich die Beschlüsse der KMK und der Landesmusikräte bekannt, die m. E. den Geist und die Ziele der Petition widerspiegeln, d. h. wiederum, alle Akteure fordern eine gesetzliche Klärung!

Der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik e. V. ist auch ordentlichen Mitglied des Verbands der Gründer und Selbstständigen e. V.. Die Mitgliedsrechte werden im Wesentlichen von dem Unterzeichner wahrgenommen, auch in Spezialthemen „Umsatzsteuer“ und „Statusfeststellung“.

Auf Rat des Unterzeichners und von Dr. Joachim Wenzel, der Ihnen/euch aus der sehr gelungenen Lobbyarbeit zur Novelle des § 4 Nr. 21 a) bb) UstG im Jahressteuergesetzes 2024 bekannt ist, stütze der VDSD die Petition ausdrücklich
von Anfang an, denn er begreift diese als „Stellvertreterpetition für die Soloselbständigkeit im Auftrag Dritter“, über Musikschulen hinaus, im Bildungsbereich insgesamt, sogar darüber hinaus im gesamten Dienstleistungsbereich in Deutschland. Ich erspare mir hierzu weitere Ausführungen, denn viele der Akteure in den Landesverbänden des DTKV sind hier im Informationsraster und nahmen an Zoom-Veranstaltungen teil.

Sie dürfen/ ihr dürft davon ausgehen, dass dann, wenn die „musikspezifischen Auseinandersetzungen“ öffentlich wären, die breitgefächerten Unterstützungsappelle nicht erfolgt wären, insbesondere auch nicht mehr durch die jüngste Initiative von gestern (14.01.2025).

Wer die Ziele der Petition als widerlegt behandeln will, muss sich gefallen lassen, als ignorant und fachlich inkompetent bezeichnet zu werden, zumindest so engstirnig und nicht in der Lage, über den Tellerrand der eigenen Sichtweise schauen zu können oder zu wollen.

Wer dies tut,

– verharmlost die Problematik durch die Auslegung des Herrenberg-Urteils durch die DRV (Beschluss der Spitzenorganisationen vom 4.5.2023),
– begnügt sich mit der ungeklärten Frage des „Ob und Wie“ auch an öffentlichen Einrichtungen selbständige Dozentenverhältnisse tätig sein können, mit der lapidaren Behauptung, dass die Beschäftigungen natürlich auch noch selbständig sein könnten (vgl. § 4 Nr. 21 a) bb) UstG i. d. F. v. 1.1.2025, der die Auftragstätigkeit von selbständigen Lehrkräften bei der Umsatzsteuer klarstellt!)
– verkennt, dass die positive Forderung des VdM an öffentlichen Einrichtungen mit abhängig Beschäftigen arbeiten zu wollen, in der Lebensrealität nicht uneingeschränkt durch die seriöse Begründung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse unterstrichen wird, sondern sich in Einzelfällen leider ein kulturpolitischer Skandal entwickelt, sichtbar auch durch die Begründung prekärer Beschäftigungsverhältnisse (z. B. Leipzig),
– verkennt, dass öffentliche Einrichtungen mit unverzüglichem „vermeintlichem Anstellungszwang“ im Einzelfall die Einrichtungen schließen müssten,
– verkennt die manchmal unternehmerische Entscheidung einer Lehrkraft, eine öffentlich oder privat geführte Musikschule, zu vergleichsweise günstigen Konditionen, als Vermittler für die eigene künstlerische selbständige Tätigkeit zu begreifen,
– verkennt, dass die außerschulische kulturelle Bildungslandschaft insgesamt auf der Kippe steht, gerade in Zeiten, in denen die Ergebnisse der PISAStudie die eng denkenden Entscheidungsträger dazu bewegen, den für die Gesellschaft bedeutenden – m. E. entscheidenden- Bereich der kulturellen Bildungen aus dem Schulalltag zu verdrängen,
– verkennt, dass das Urteil in seiner Handhabung durch die DRV nicht nur den Kulturstandort Deutschland gefährdet, sondern Deutschland insgesamt als Standort für Gründer und Selbständige,
– verkennt, dass kritischen Mitgliedern des Deutschen Kulturrats und des DTKV erneut die Argumentation dafür liefern, sie brächten doch nichts, weil Kultur Ländersache sei,
– verkennt, dass es vielleicht gerade der Deutsche Kulturrat und seine Mitgliedsverbände sein können, vor einem nicht mehr auszuschließenden Krieg und auch einer unerwünschten Übernahme von Rechts, einen entscheiden Impuls im Sinne des Wachrüttelns der Gesellschaft liefern zu können, in dem sie dazu beitragen, der DRV einen von Vernunft getragenen Umgang mit den Folgen des Herrenberg-Urteils zu ermöglichen, eben durch eine gesetzliche Regelung,
– last but not least, verkennt, dass er neben den Verbänden selbst (KMK und DTKV), seinem Präsidenten schadet, beabsichtigt oder unbeabsichtigt?

Am 8.1.2025 fand im Kreis des VDGS eine Zoom-Veranstaltung statt, um den Stand der Verhandlungen der Gruppen im politischen Lösungsprozess unter Einschaltung des BAMS zu erfahren, der am 22. Januar 2025 mit dem zuständigen Staatssekretär im BAMS fortgesetzt werden soll. Die Gruppe Musikschulen wurde von Frank Korthe und Martin Behm vertreten. Die Unterschiedlichen Lösungsansätze sind hinreichend bekannt. Unstreitig ist jedoch, dass von allen Gruppen eine gesetzliche Regelung für unabdingbar gehalten wird, die für Rechtssicherheit sorgt.

Die über das Land Berlin über den Bundesrat initiierte Gesetzesinitiative wurde am 22.11.2025 den Ausschüssen übergeben. Eine vollständige gesetzliche Lösung ist in dieser Legislaturperiode wegen der politischen Ereignisse mit Neuwahlen am 23.2.2025 unrealistisch geworden. Möglich ist noch eine Zwischenlösung (siehe Datei Formulierungshilfe), die auch als „Zwischenziel der Petition“ behandelt werden könnte. Der 25. Januar 2025 wird als letzter Termin dafür angesehen, die Zwischenlösung gesetzlich zu verankern.

Dem Unterzeichner ist die Folgerung der Gruppen deshalb besonders nachvollziehbar, denn in der persönlichen Erörterung der eingeleiteten freiwilligen Statusfeststellungsverfahren brachte der Leitungskreis der Clearingstelle am 20.06.2024 unmissverständlich zum Ausdruck:

„Von den Regelungen der Verfahrensregeln vom 4.5.2024 weichen wir nur ab, wenn uns ein Gesetz, ein Urteil oder eine Verfügung dazu zwingt!“

Diese Ausgangslage veranlasste mich am 8.11.2025 zu dem Appell, in den jeweiligen Netzwerken der Verbände für den Erfolg der Petition Sorge zu tragen, dem ich hiermit in meiner Funktion für den DBfT nachkomme. Notwendig war dieser Appell nicht für einen anderen Verband, der auf meine Bitte die Petition bereits am 18.12.2024 teilte:

BDYoga | Petition zur Sicherung der Selbstständigkeit

Im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerpetition folgte man meinem Rat nicht, eine andere Petition zu unterstützen, um die Umsatzsteuerpetition nicht zu gefährden. Für erfreulich und erwähnenswert halte ich es dennoch, dass selbst diese Petition mit über 50.000 Stimmen zur (nochmaligen) Unterstützung der Musikpetition aufruft, eine Stimmenzahl, die dem DTKV und seinen LV‘ s gut zu Gesicht stehen würden:

Petition · Rettet die Selbstständigkeit im Yoga, Sport, Fitness, Tanz und Musik! – Deutschland · Change.org

Es liegt nun an den LV‘ s und den Netzwerken selbst, die noch verbleibenden 8 Tage zu nutzen, denn wenn die Notwendigkeit einer gesetzlichen Klärung verbandsübergreifend unstrittig ist, müssten diese in der Lage sein, die Sorgen des VdM zu beseitigen. Unabhängig von der Anzahl der betroffenen Mitglieder stehen die LV‘ s m. E. in der Pflicht, der Petition zum Erfolg zu verhelfen. Diese sichert doch auch die Ziele der Mitglieder*innen, die im VdM-Musikschulbereich eine abhängige Beschäftigung bevorzugen! Würde den Trägern Mittel durch nicht auszuschließende Nachzahlungen infolge von DRV-Prüfungen entzogen, würde sich der bevorzugte Umstellungsprozess nach meiner Überzeugung verlängern.

M. E. ist es unabdingbar, dass die LV‘ s umdenken, welche die ursprüngliche Zusage der Unterstützung der Petition in Sorge um die gute Zusammenarbeit mit dem VdM zurücknahmen. Bei der Interessenabwägung, die Mitglieder*innen zu unterstützen, die insbesondere auch als Lehrkräfte die Selbstständigkeit erhalten wollen, sollten diese den Vorzug erhalten. Welche Motive sollen Betroffene im Augenblick haben, in den LV‘ s zu bleiben oder solche, die über eine Mitgliedschaft nachdenken, diese Absicht umzusetzen, wenn – entgegen der prinzipiellen Zielsetzung – die Interessenvertretung (ggf. einer Minderheit) in einer besonders wichtigen Angelegenheit verweigert wird.

Bei Ihren weiteren Überlegungen, möchte ich Sie ermuntern, fiktiv das Verhalten auszuloten, was geschehen wäre, wenn der Unterzeichner der Hauptpetent gewesen wäre und die ihm bekannten Verbände um deren Unterstützung gebeten hätte, so wie bei der Umsatzsteuerpetition 2012 und insbesondere bei der KSK-Petition 2013 geschehen, die bei der KSK selbst – zum Ruhme des DTKV- als dessen Petition verstanden wird.

Historie:

Der von mir so sehr geschätzte damalige Präsident Dr. Dirk Hewig war skeptisch, denn er fürchtete, dass eine Petition, die das Quorum nicht erreicht, dem Image des DTKV schaden könnte. Im Nachhinein war er über die Unterstützung erfreut, denn die Petitionen galten damals als besonders erfolgreich.

Es würde nach meiner Überzeugung dem Image des DTKV und seiner LVe sehr gut zu Gesicht stehen, quasi als „Retter der Solo-Selbständigkeit“ gefeiert werden zu können. Es dürfte lange dauern, bis sich eine solche Chance noch einmal eröffnet!

Also, geben Sie sich/gebt euch einen Ruck:

Es war sinnvoll die Petition für die Novelle des § 4 Nr. 21 a) bb) UstG für die Steuerfreiheit der selbständigen Lehrkräfte an staatlichen, staatlich anerkannten und anderen (privaten) allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen zu unterstützen. Eine logische Konsequenz muss es nun sein, auf der sozialrechtlichen Ebene die selbständige Dozententätigkeit im Auftrag von Bildungseinrichtungen zu erhalten.

Als eben doch Insider möchte ich sehr gerne der Frage nachgehen, was den VdM und Ver.di dazu bewog, ohne sachliche Nachfrage gegen die Petition mit Anfeindungen vorzugehen. Nachvollziehbar sind die vorgebrachten Einwände für mich nur dann, wenn es eine berechtigte Sorge geben würde, dass die öffentlichen Träger einen Anlass suchen, den eingeleiteten Prozess der Festanstellungen unverzüglich zu beenden, wenn die Petition Erfolg hätte. Diese Absicht habe ich bisher nicht wahrgenommen. Im Gegenteil, erbeten wird insbesondere/lediglich eine Überbrückungszeit. Auch eine solche ist gesetzlich zu regeln, denn die DRV kann nicht ohne Rechtsverstoß auf gesetzliche begründete Sozialversicherungsbeiträge verzichten.

Es ist nun einmal so, dass sich hier auch Diejenigen melden, die allein auf die Ankündigung der DRV, dass jedenfalls ab 1.7.2023 nur noch abhängige Beschäftigungen möglich sein, körperlich und seelisch krank geworden sind. Ein
Anruf am 3.1.2025 erfolgte aus einer psychiatrischen Klinik! Das Mitglied (Ba-Wü) hat sich selbst einweisen lassen, weil es die Sorge um die Zukunft nicht mehr ertrug! Als DTKV-Jurist solle ich ihr helfen, einen Ersatz für die vorübergehende Schulleitung zu finden. Ich wünsche mir sehr, dass sich die Akteure ihrer Verantwortung umfänglich bewusst sind!

Folgende Stellungnahmen liegen hier noch vor:

Mitglied LV DTKV-NRW:
„Viele DTKV-Erlebnisse in NRW haben mich doch mürbe gemacht.“

Leiterin VdM-Mitgliedsschule:
„Sehr erfreulich ist, dass auch Herr Höppner hinter der Petition steht – und Glückwunsch zum Vizepräsidenten! Beschämend und völlig daneben ist die Stellungnahme des VdM zu der Petition, ich konnte es kaum glauben. Und das ist „unser“ Bundesverband…der uns bei wichtigen Fragen immer im Regen stehen lässt. Die Zahl der (überzeugungsmäßigen) „Abtrünnigen“ unter den Musikschulen hier im Landesverband XYZ wird übrigens immer größer.“

Schlagzeuglehrer VdM-Schule Hessen, der telefonischen Kontakt zu dem
Unterzeichner suchte:
„Ich komme als selbständiger Schlagzeuglehrer (Hessen) von xxxxxxx Euro ganz gut über die Runden. Jetzt kommt der Schulleiter und sagt, ab jetzt nur noch abhängig. Dazu habe ich keinen Bock, weil der mir dann ja sagen kann, ich müsse heute in die Grundschule und den Trommelkurs geben!“

Schulleiter VdM-Schule in RPL (vor Herrenberg-Urteil):
„Mein Bruder ist der Stadtkämmerer, der hat mir klargemacht, dass die Musikschule geschlossen werden müsse, wenn ich angestellt werden müsse! Das muss selbstständig gehen“.

Nutzt die noch vorhandene besondere Chance, der Petition doch noch zum Erfolg zu verhelfen, die von gesamtgesellschaftlichem Interesse ist. Dieses war ja auch die Ursache dafür, dass sie den Status einer öffentlichen Petition erhielt.

Herzliche Grüße, in freundschaftlicher, streitbarer Verbundenheit

Ihr/euer
Jürgen Werner

Signatur Jürgen Werner